Wenn es ordentlich blitzt und kracht, dann ist für gewöhnlich von einem Gewitter auszugehen. Findet das allerdings nicht im Freien, sondern im Inneren einer Forschungsinstitution statt, dann sind zwangsläufig Physiker am Werk: so auch im Labor für Hochspannung der FH Kiel, die im Auftrag von KLINGER Kempchen einen besonders spektakulären Versuch durchführte – eine Blitzstromprüfung für Metall-Weichstoffdichtungen.

Im Beitrag erwähnte Kontakte:
Michael Buchholz, Leiter Physikalisches und Chemisches Labor bei KLINGER Kempchen
„Es kann durchaus vorkommen, dass Gasleitungen, die mit unseren Metalldichtungen abgedichtet sind, einem Blitzschlag ausgesetzt sind. Für diesen Fall müssen wir sicher sein, dass ein hoher elektrischer Strom nicht zu Schäden an den Dichtungen führt“, sagt Michael Buchholz, der bei KLINGER Kempchen das physikalische und chemische Labor leitet. Die Blitzstromprüfung fällt dabei ins Reich der Physik: um die enorme Naturgewalt eines Blitzeinschlags zu simulieren, bedarf es einerseits der notwendigen Ausrüstung und andererseits der Expertise im Umgang mit der heiklen Hochvoltaik. Beides fand KLINGER Kempchen an der FH Kiel.
Herr über die Hochspannung
Im Labor für Hochspannung wird nicht nur Lehre und Forschung betrieben, sondern auch Blitzschutz-Gutachten für Partner aus der Industrie erstellt. Im Falle von KLINGER Kempchen wurde dabei gemäß DIN-Norm 30691:2024-12 für Blitzstromprüfung bei Flanschen mit Strom leitendenden Dichtungen vorgegangen. Die Prüfvorrichtung bestand aus drei Paaren an Vorschweißflanschen (DN25/PN40), die in einer Reihe über ein Verbindungsrohr verschweißt wurden. Die Dichtungen, die dabei erfolgreich zum Test eingesetzt wurden:
- B45A-GR Ø 36 / 52 x 71 x 4.90 mm
- W1A-3-GR Ø 34 / 63 x 71 x 3.0 mm
- KNG-galvanized Ø 34 / 57 x 71 x 4.75 mm

Buchholz legte der Beschreibung des Versuchsaufbaus auch eine detaillierte Anleitung zur Montage bei: „Es war wichtig, dass die Flansche richtig verschraubt wurden, um ein realitätsnahes Ergebnis zu erhalten. Wir wollten prüfen, ob unsere Dichtungen gut genug Strom leiten, damit sie hohe Spannung ohne Schaden überstehen und weiterhin dicht bleiben“, sagt der langgediente Mitarbeiter von KLINGER Kempchen, der schon seit über 40 Jahren beim Unternehmen ist und dort seine Laufbahn als Technischer Zeichner begann. Als ausgebildeter Maschinenbautechniker schätzt er das umfangreiche Aufgabengebiet seines Berufs, das immer wieder neue, spannende Aspekte beinhaltet – wie eben der Blitzstromprüfung.
Blitzschlag überstanden?
Der spektakuläre, wenn auch kurze Versuch – die drei Blitzströme dauerten jeweils nur wenige Zehntelsekunden – wurde dafür auf Video festgehalten. Darauf ist in der Zeitlupe ersichtlich, wie die simulierten Stromimpulse mit einer Stromstärke von 75 Kilo-Ampere an den Flanschen einen Lichtblitz erzeugen, begleitet von einem lauten Knall. Der hohe Energiedurchsatz erwärmte den Versuchsaufbau bei allen bestandenen Dichtungen, um etwa 10 °C und erst nach Abkühlung auf Umgebungstemperatur konnte die Dichtheitsprüfung, der eigentliche Zweck des Unterfangens, durchgeführt werden.

„Als zweiter Teil des Tests kam es zur Leckageprüfung mit Stickstoff bei einem Druck von 16 bar. Mit einem Manometer wurde aufgezeichnet, wie schnell der Druck abfallen würde. Es zeigte sich aber, dass der Druck konstant geblieben ist. Die Dichtungen haben den Blitzschlag überstanden“, freut sich Buchholz über das Ergebnis. Auch die Erkenntnis, dass die geprüften Metall-Weichstoffdichtungen von KLINGER Kempchen nur einen sehr geringen Widerstand von 0,1 Milliohm zeigten, wird als Erfolg gewertet – es bedeutet, dass die Dichtungen den Stromfluss an der Flanschverbindung nicht behindern und somit über beste Leitfähigkeit verfügen. In der optischen Begutachtung der geprüften Dichtungen war ebenfalls alles paletti:

„Wir konnten nicht ausschließen, dass durch den hohen Strom die Trägerringe von unseren Kamm- und Wellenprofil möglicherweise mit dem Flansch verschweißen würden. Das war aber nicht der Fall.“
Michael Buchholz, Leiter Physikalisches und Chemisches Labor bei KLINGER Kempchen
Buchholz musste zudem über die Meldung aus dem Labor schmunzeln, dass nach dem Öffnen einer Flanschverbindung eine Dichtung als „völlig kaputt“ befunden hat. Am Foto stellte sich dann aber heraus, dass nur die Graphitauflage bei der Demontage zerstört wurde– ein völlig zu erwartendes Bild beim Ausbau der verpressten Dichtung, wie Buchholz aus seiner langjährigen Erfahrung im Dichtungsgeschäft weiß. Kein Beinbruch: „So haben die im Labor der FH Kiel auch noch etwas über Dichtungen lernen können.“
Fact box
Wussten Sie, dass…
…in der freien Natur ein Blitzschlag auf eine Stromstärke von mehreren 100 Kilo-Ampere kommen kann?
…Blitze durchschnittlich vier bis fünf Hauptentladungen beinhalten können, die nur bis zu 3 Zehntelsekunden dauern?
…dass es eine Vielzahl von unterschiedlichen Erscheinungsformen bei Blitzen gibt – darunter Perlschnurblitz, Linienblitz oder Flächenblitz?