Nachhaltigkeit: Der neue Sustainability-Manager bei KLINGER holt alle ins Boot
Yusuf Avci tritt seinen Posten als Sustainability-Manager bei KLINGER Holding an. Im Interview erklärt er, an welchen Stellschrauben er in den Bereichen Nachhaltigkeit, Soziales und Transparenz drehen will.
Herr Avci, Sie kennen die betrieblichen Vorgänge bei KLINGER sehr gut, sind seit 1992 im Unternehmen. Was sind Ihre frühesten Erinnerungen in Sachen Nachhaltigkeit?
YUSUF AVCI: Als ich damals mit 17 Jahren eine Lehre im Maschinenbau bei KLINGER Fluid Control begonnen habe, waren mir diese Themen wenig vertraut. Dennoch hatte ich schon von Beginn an mitbekommen, dass man sich bei KLINGER um die Umwelt, künftige Generationen und die Belegschaft sorgt: Etwa, dass Dichtungsmaterial ohne Asbest hergestellt wird, hat sich früh in unseren Köpfen verankert.
Mittlerweile haben sich die Anforderungen an Ökologie und Nachhaltigkeit immens ausgeweitet. Als Nachhaltigkeits-Manager sind Sie ein wichtiges Drehkreuz für die gesamte KLINGER Group. Ihre Aufgabe ist es, alle Unternehmen in Einklang zu bringen, um Rechenschaften hinsichtlich des ökologischen und ökonomischen Fußabdrucks ablegen zu können. Auf welche Kennzahlen ist dabei besonders zu achten?
AVCI: In erster Linie werden die Umweltkennzahlen und die Energiekennzahlen in Fokus stehen, die jedes Unternehmen innerhalb der Gruppe bereitstellen muss. Ein zentraler Punkt dabei ist der Klimaschutz. Wir schauen uns ganz genau an, welches Unternehmen wie viele Tonnen an Treibhausgasen ausstößt. Auf Basis dieser Zahlen wird es dann auch die Aufgabe sein, diesen Ausstoß mit den notwendigen Maßnahmen zu reduzieren.
Die Ergebnisse aus diesem Monitoring und gesetzten Umweltmaßnahmen interessieren nicht nur die EU, die diese Reporting-Pflicht im Rahmen des Green Deals vorschreibt, sondern auch Partner aus der Wirtschaft. Warum?
AVCI: Für sehr viele Kunden, aber auch Finanzinvestoren, ist die Transparenz bei den Umweltkennzahlen mittlerweile ein gewichtiger Faktor. Oftmals liegt der Grund darin, dass ihre Lieferketten großen Einfluss auf die Erreichung der eigenen Klimaziele haben. Dazu kommt, dass Angebotsverfahren immer öfter an die Veröffentlichung von ESG-Kennzahlen gebunden sind. Wer kein Reporting vorweisen kann, wird nicht als Lieferant in Betracht gezogen. Schlussendlich ist die Erfüllung der ESG-Richtlinien also auch ein Wettbewerbsvorteil: Je mehr man sich in Sachen Umwelt, Nachhaltigkeit und Soziales bemüht, desto größer sind die zukünftigen Geschäftschancen.
Faktenbox
Zur Person: Yusuf Avci wurde 1974 in Mödling, Niederösterreich geboren und startete 1992 als Lehrling bei KLINGER Fluid Control. Nach Abschluss der Lehre und Weiterbildung zum Maschinenbauingenieur absolvierte Yusuf Avci viele Stationen und Hierarchieebenen in der Fertigung und Montage bei KLINGER Fluid Control. Von 2014 bis 2023 führte er das Unternehmen als Produktionsleiter. September 2023 wechselte er zur KLINGER Holding, wo er als Sustainability-Manager für die Nachhaltigkeitsagenden der gesamten Group zuständig ist.
Das gilt besonders für Europa, wo der Green Deal der Europäischen Kommission das Wirtschaftsleben neu zu ordnen versucht. KLINGER ist aber auch über die Grenzen des Kontinents hinweg tätig. Welche Relevanz haben die ESG-Kriterien im Rest der Welt?
AVCI: Aufgrund unserer Firmenstruktur gelten die ESG-Richtlinien für alle Töchter der KLINGER Group. Denn die Gesetzeslage schreibt vor, dass Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen und einem Umsatz von über 40 Millionen Euro jährlich ESG-Reports abliefern müssen. Das heißt: Auch wenn die Vorgaben und Verordnungen der ESG-Richtlinie nur für Unternehmen gelten, die in Europa ansässig sind, so müssen dennoch alle zum Unternehmen zugehörigen Einheiten die Regeln einhalten – egal wo sie sich auf der Welt befinden.
Die KLINGER Group ist in über 60 Ländern weltweit tätig. Wie können alle ins Boot geholt werden?
AVCI: Das Ziel ist, 2024 allen betroffenen Unternehmen unser Programm zu präsentieren und eine Awareness zu schaffen. Das ist insofern eine Herausforderung, weil die Zeit drängt: Die Berichtspflicht startet im Jahr 2026, da müssen die Zahlen für das Vorjahr bereits vorliegen. 2025 wird also das erste Jahr sein, in dem die Gruppe als Ganzes Ihre ESG-Kennzahlen aufzeichnen muss. Wie das genau aussieht, daran arbeiten wir gerade. In der Holding wird ein Rahmenwerk erstellt, mit dem wir 2024 alle Unternehmen auf Schiene bringen möchten, mit dem Einholen der notwendigen Daten zu beginnen.
Solche Umstellungsprozesse zu begleiten ist für Sie nicht neu. Schon in Ihrer Funktion als Produktionsleiter bei KLINGER Fluid Control waren Sie maßgeblich an der Einführung des Umweltmanagementsystems EMAS beteiligt. Was haben Sie während dieser Zeit gelernt, das auch jetzt bei der Umsetzung des ESG-Reportings von Bedeutung ist?
AVCI: Bei der Implementierung der EMAS-Zertifizierung ging es vor allem um die Bereiche Abfallwirtschaft und Entsorgung. Nicht nur die Behörden, auch das Unternehmen selbst hatte großes Interesse daran, diese vielfach ineffizienten und umweltschädlichen Produktionspraktiken abzustellen. Das bedeutete auch, dass von den Mitarbeiter:innen ein Umdenken verlangt wurde, dagegen regten sich manchmal auch Widerstände. In erster Linie wehren sich Menschen gegen Veränderung, das ist praktisch ein Naturgesetz. Mein Ansatz lautete damals: Man muss mit den Leuten reden. Nur durch offene Kommunikationen schafft man Zugänge und gegenseitiges Verständnis.
Neben Überzeugungsarbeit haben Sie als Nachhaltigkeits-Manager aber auch sehr viel Wissen zu vermitteln – die Regeln im Reporting sind komplex und berühren nicht nur ökologische Bereiche, sondern auch ökonomische, Stichwort Transparenz bei finanziellen Investitionen. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
AVCI: Seit Anfang September befinde ich mich in Ausbildung zum CSR- und Nachhaltigkeitsmanager. Diese Weiterbildung soll eine grundlegende Basis und das Rüstzeug schaffen, um den Auf- und Ausbau einer Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen vorzubereiten und zu gestalten. Dadurch wird das agierende Unternehmen befähigt, mittel- und langfristige soziale, ökologische und ökonomische Beiträge zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten.
Im Bereich des ESG-Reporting bekomme ich Unterstützung von meiner Kollegin Ines Weikl. Sie verfügt über langjährige Fachkompetenz im Bereich Accounting & Reporting. Mit der Unterstützung von Weikl in den Bereichen CSRD Reporting (Nachhaltigkeitsberichterstattung) und der EU-Taxonomie Richtlinie wird ein wesentlicher und wichtiger Teil der Reporting-Anforderungen abgedeckt.
Als Team, mit breitem Wissen und unterschiedlicher Erfahrung, decken wir das Nachhaltigkeits-Spektrum gemeinsam ab.
Im Beitrag erwähnte Kontakte:
Yusuf Avci, Sustainability Manager bei KLINGER Holding
Innerhalb der Gruppe werden Sie mit unterschiedlichen Voraussetzungen zu tun haben – die Produktion von Dichtungen mit dem Einsatz von Chemikalien und Kunststoffen folgt anderen Gesetzen als die Produktion von Armaturen, wo vor allem mit Metall gearbeitet wird. Welche Schwerpunkte wollen Sie in den jeweiligen Bereichen setzen?
AVCI: Bei der Herstellung von Armaturen wird die Kreislaufwirtschaft der wichtigste Hebel sein. Es geht darum, Materialien wiederzuverwerten und in den Produktionskreislauf rückzuführen. Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist Refurbishment: Wir sind überzeugt davon, dass man Armaturen mit dem richtigen Know-how ein zweites Leben einhauchen kann. KLINGER Armaturen stehen schon immer für eine hohe Qualität und eine lange Lebensdauer, damit kann man punkten, dass die Produkte auch wirklich lange halten. Mit einem gewissen Aufwand lassen sich ausrangierte Armaturen wieder in Stand setzen. Wir haben mit diesen Bemühungen schon gestartet und wollen in dieser Hinsicht noch viel mehr tun.
Welche Möglichkeiten sehen Sie in der Dichtungstechnik, wo vielerorts noch die Umwelt belastenden Chemikalien im Einsatz sind?
AVCI: Hier sind wir am Standort in Gumpoldskirchen schon sehr weit, etwa mit der Verwendung von nachhaltigen Lösungsmitteln. Mit der Rezyklierbarkeit bei KLINGERSIL Dichtungsplatten von 14%, trägt die KLINGER Dichtungstechnik einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des Ressourceneinsatzes bei. Es gilt, diese Best-Practice-Beispiele noch weiter zu optimieren und Synergien für die anderen Gesellschaften zu finden und zu etablieren.
Die Arbeitssicherheit ist ein ganz wesentlicher Teil der sozialen Komponente im ESG-Regelwerk. Wie können die Arbeitsbedingungen insgesamt verbessert werden?
AVCI: Wir beschäftigen uns eingehend mit Arbeitsplatzergonomie – vor allem in der Produktion, wo es viele Tätigkeiten gibt, die mit dem Heben und Bewegen von Bauteilen oder Materialien verbunden sind. Das Ziel muss sein, dass sich die Mitarbeiter:innen nicht plagen. Maschinelle Unterstützung und Automatisierung können hier viel bewirken. Es wird auch versucht, vermehrt die Handhabungstechniken zu automatisieren, um den Mitarbeiter:innen eintönige Tätigkeiten zu erleichtern. Auch diese sozialen Aspekte werden im ESG-Reporting berücksichtigt.
Bei KLINGER sorgt man sich auch um künftige Generationen. Das spiegelt sich beispielsweise in der Lehrwerkstätte wider. Ich selbst habe ja als Lehrling bei KLINGER Fluid Control gestartet. Dieser Bildungsweg wird heute wieder angeboten – inklusiver möglicher interner Karrierechancen.
Zum Schluss die Frage: Wozu das ganze?
AVCI: Die ESG-Richtlinien sind ein wichtiges Werkzeug für die Erreichung der Klimaziele der EU, die bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden will. Europa wäre damit der erste Kontinent der Welt, der keine Treibhausgase mehr ausstößt. Für dieses äußerst ambitionierte Ziel möchten wir bei KLINGER mit nachhaltigem Handeln einen Beitrag leisten.
Danke für das Gespräch!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was steckt hinter dem Begriff ESG?
ESG steht für Environmental, Social and Governance. Damit werden die Kriterien bezeichnet, die Unternehmen in Hinblick auf Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Gesellschaftsfragen erfüllen müssen. Diese Compliance-Regeln zielen drauf ab, eine nachhaltige Wirtschaft zu forcieren und dem Klimawandel Einhalt zu gebieten.
Welche Maßnahmen hat KLINGER gesetzt, um nachhaltiger zu werden?
KLINGER hat bereits eine Vielzahl an Umweltmaßnahmen gesetzt. Eine Auswahl an Details finden Sie auf folgenden Artikeln: