Westad bringt Kryogen-Armaturen auf Flüssigerdgastankern ans Limit
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KLINGER Westad bringt Kryogen-Armaturen auf Flüssigerdgastankern ans Limit

Kryogenische Absperrklappen für Flüssigerdgastanker (Kryogen-Armaturen) müssen rauhen Bedingungen standhalten: Betrieb bei -196°C bis +200°C und bis zu 50 bar

KLINGER Westad, unser Schifffahrtsexperte aus Geithus, Norwegen, fertig seit den frühen 1970ern kryogenische Absperrklappen für Flüssigerdgastanker. De facto sind unsere norwegischen Kollegen eines von gerade einmal zwei Unternehmen, die diesen globalen Markt beliefern können. Warum dem so ist, und was eine Absperrklappe für die Montage auf einem der rund 500 großen Flüssigerdgastankern, die aktuell oder bald die Weltmeere besegeln werden, leisten muss, ist unten erklärt.


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Alles, was eine kryogenische Absperrklappe an Bord eines Flüssigerdgastankers leisten muss, ist zwei Funktionen erfüllen: Sie muss sich verlässlich öffnen und schließen und das Medium innerhalb des entsprechenden Tanks isolieren. Diese Anforderungen können bei Flüssigerdgas jedoch zu einem herausfordernden Unterfangen werden.

Im Grundzustand ist Flüssigerdgas nichts anderes als Erdgas, das sich hauptsächlich aus Methan (CH4) und Ethan (C2H6) zusammensetzt. Die Umwandlung in die flüssige Phase erfolgt mittels eines Reinigungsprozesses, bei dem Kondensate wie etwa Wasser, Öl oder Schlamm sowie weitere Gase, beispielsweise Kohlendioxid (CO2) und Schwefelwasserstoff (H2S) entfernt werden. Anschließend wird es durch Kühlung auf ungefähr -162 °C bei fast Atmosphärendruck zu einer Flüssigkeit kondensiert. Nach Abschluss des Prozesses nimmt die Flüssigkeit nur noch rund 1/600 des ursprünglichen Erdgasvolumens ein.

Da die Distanzen zwischen den Erdgasexporteuren und ihren gegenübergestellten Konsumenten in der Regel sehr groß sind, hat sich der Transport von Flüssigerdgas mit Flüssigerdgastankern – aufgrund der durch den Extraktionsprozess erzielbaren Volumenverringerung – als wirtschaftlich machbare Alternative zur Verlegung von Rohrleitungen erwiesen.


Absperrklappen an Bord eines Flüssigerdgastankers müssen rauhen Bedingungen standhalten
Absperrklappen an Bord eines Flüssigerdgastankers müssen rauhen Bedingungen standhalten

Beständigkeit verpflichtend

„Als Folge des Risikos, den ein Transport von Flüssigerdgas per Schiff in sich birgt, müssen kryogenische Absperrklappen strenge Tests bestehen: Erst dann können sie im Schiffsladungssystem eines Tankers installiert werden“, erklärt Jørn-Inge Throndsen, Managing Director bei Westad und fügt hinzu: „Die Prüfung der Gehäuse und der Sitzdichte ist für alle Absperrklappen verpflichtend und wird im Einklang mit internationalen Normen durchgeführt. Darüber hinaus wird eine bestimmte Anzahl von Armaturen auch einer extremen kryogenischen Testprozedur unterzogen."

Im Zuge letzterer werden sie in der Prüfanlage von Westad zuerst in Bäder aus flüssigem Stickstoff getaucht und anschließend dem Spürgas Helium, das potenzielle Leckagequellen auf der Dichtfläche ausfindig macht, ausgesetzt. Laut Jørn-Inge sind die Testbedingungen in der Prüfanlage sogar härter als die, welche eine kryogenische Absperrklappe an Bord eines Schiffes aushalten muss.

So ist beispielsweise der flüssige Stickstoff mit seinen -192 °C um rund ein Viertel tiefer als die „Betriebstemperatur“ in einem Flüssigerdgastank. Und aufgrund seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften ist mit Helium selbst der kleinste Mangel in der Dichtfläche aufzeigbar – was sofort zur Ausmusterung der betroffenen Absperrklappe führt. Dem nicht genug, werden die Tests auch noch von unabhängigen Dritten, oftmals in Begleitung des entsprechenden Kunden, beobachtet und zertifiziert.


Eine kryogenische Absperrklappe wird Tests bei -192 °C unterzogen
Eine kryogenische Absperrklappe wird Tests bei -192 °C unterzogen

Sicherheit an erster Stelle

Die Testanlage von Westad wurde neu errichtet und im Februar 2016 fertiggestellt. Zahlreiche Sicherheitsfeatures und Maßnahmen wurden spezifisch für die dort arbeitenden Personen sowie für die Kollegen in der direkten Umgebung umgesetzt.

Sie wirken allesamt zwei Eigenschaften der chemischen Verbindung entgegen: Einerseits verdrängt der gasförmige Zustand von flüssigem Stickstoff den Sauerstoff, was zu in engen Abschnitten und geschlossenen Räumen zu Erstickung führen kann. Andererseits kann ein in Berührung kommen, abhängig von der Dauer des Kontakts, zu mittleren bis schweren Kaltverbrennungen führen.

„Hier bei Westad fertigen wir Armaturen der höchsten Qualität. Was wir schlussendlich liefern, ist Betriebssicherheit für die Geschäftstätigkeiten unserer Kunden, angepasst an herausfordernde und komplexe Umgebungen, also Tanker und die offenen Meere", erläutert Jørn-Inge und fügt hinzu: „Um überzeugend Sicherheit liefern zu können, muss man erst auf dem eigenen Gelände und in den eigenen Prozessen dafür sorgen. Das ist unser Ansatz.“


Sicherheitsmaßnahmen bei KLINGER Westad

Eine Besichtigung der Prüfanlage macht schnell klar, dass das Unternehmen seine „Zero Harm“-Politik ernst nimmt:

  • Die Prüfbäder sind allesamt von Geländern umgeben, wodurch ein versehentliches Hineinstürzen verhindert wird.
  • Darüber hinaus sind die Flüssigstickstoff-Bäder aus Edelstahl allesamt in einer Betongrube unterhalb des Erdniveaus installiert.
  • Dadurch wird die Entfernung zwischen einer potenziellen Akkumulierung des Stickstoffgases und der Kollegen erhöht.
  • Ferner sorgen spezielle Heizanlagen dafür, dass das Belüftungssystem nicht einfrieren kann.
  • Der großzügige Abstand zwischen den Tanks verhindert zudem eine Ansammlung des Stickstoffs in der Grube.
  • O2-Sensoren spielen ebenfalls eine wichtige Rolle: Fällt der Sauerstoffanteil unter 20 Prozent, so wird ein werksweiter Alarm ausgelöst und die Türen zur Prüfanlage öffnen sich automatisch, um ein Einströmen der Luft in die Anlage zu ermöglichen.
  • Das Prinzip der mehrfachen Redundanz nutzend, sind die Arbeiter ebenfalls mit persönlichen O2-Sensoren ausgerüstet und tragen Schutzkleidung, die derer von Feuerwehrleuten ähnelt. Gearbeitet wird verpflichtend paarweise, wodurch man sich gegenseitig im Auge behalten kann, und Notfallübungen werden regelmäßig durchgeführt.
  • Zu guter Letzt sind auch die örtliche Feuerwehr und die Notdienste ausführlich unterrichtet. Sie wissen demnach, was sie in einem Notfall zu erwarten haben.

Reibungslos

Die neue Prüfanlage von Westad ist nun seit rund zwei Jahren in Betrieb. Kryogenische Tests finden dort wöchentlich statt und bis dato hat es keine Vorfälle gegeben. „Unser primäres Anliegen war und ist immer, dass alle Beteiligten die Risiken verstehen und sich an die Prozesse und Anordnungen halten, um diese zu minimieren", fasst Jørn-Inge zusammen und fügt hinzu: „Sieht man sich unsere Erfolgsbilanz an, so können wir zu Recht sagen, dass Westad Anlagensicherheit ernst nimmt – sowohl intern auf unserem Gelände als auch extern in punkto der Betriebsführung unserer Kunden."


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Ein Flüssigerdgastanker mit Kurs auf Ziel
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